Leseprobe


ANDREA DORIA – Udo Lindenberg
Auszug aus the story behind… vol.1
SHOW MUST GO ON
Queen
MAMBO NO. 5
Lou Bega

Udo Lindenberg ANDREA DORIA

the story behind… – Udo Lindenberg

 

Udo Lindenberg verfuhr immer nach dem Motto des Aktionskünstlers Josef Beuys: „Ich hab’s nicht gelernt, ich mach’s trotzdem“. Der gebürtige Westfale ist der Vorreiter, wenn es um deutschsprachigen Rock geht.

Ohne ihn hätte es keinen Westernhagen, Grönemeyer oder die viele anderen gegeben. „Ob du einen Hit hast oder nicht, spielt keine Rolle. Wenn du solange dabei bist wie ich, bist du sowieso als Mythos unterwegs“, sagt Udo Lindenberg. Er selbst sieht sich als „Jahrhundertmaßnahme“, die auch heute noch kräftig in der Rockszene mitmischen möchte. Ein guter Song muss Udo überraschen, egal ob sein Inhalt, die Musik, das Arrangement, der Sound oder die Art des Singens. Kurzum: also, genau das, was Andrea Doria auszeichnet.

Kaum vorhersehbar zündete 1973 die neu gegründete „Panik-Rakete“, wie Udo sich selbst gern bezeichnet. Gemeinsam mit dem Panik­orchester und der LP „Alles klar auf der Andrea Doria“ schuf sich Lindenberg (zu der Zeit noch unwissend) ein Denkmal. Er wurde zum Pionier des deutschsprachigen Rock. Der Titelsong Andrea Doria geriet dabei zur Hymne. In den von Schlagerfloskeln und Politrock geprägten, frühen 1970ern sang Udo über das, was ihn damals bewegte: „Oh ja! Damals war ich im Onkel Pö in Hamburg. Wir hatten überhaupt keine Ahnung in welche Richtung es gehen würde. Wir waren alle entweder Profis, Halbmusikanten oder Schluckspechte, keiner wusste so recht Bescheid, also echte Wanderer im Nebel.“

Das Onkel Pö war zu der Zeit die Szenekneipe in Hamburg: „Eine Art Schmelztiegel, eine experimentelle Bühne, wo sich damals alle trafen,“ ergänzt Udo. „Etwa Lonzo der berühmte Geiger, Gottfried Böttger mit seinem Honky-Tonky-Klavier, Karl an der Spacegitarre, also total unterschiedliche Stilrichtungen. Mal spielte dort eine Dixieland-Kapelle, dann gab es wieder Jazz, Modern Jazz oder Folk. Dann kamen die City Preachers. Alles ging ziemlich durcheinander, und das war total interessant!“

Udo Lindenberg in Kürze

Udo Lindenberg wurde am 17.05.1946 in Gronau, einer deutschen Kleinstadt nahe der holländischen Grenze, geboren.

Mitte der Fünfziger Jahre lernte er den Rock ’n’ Roll kennen. Von seinem Vater bekam er als Zehnjähriger ein Schlagzeug geschenkt und trommelte mit 13 bereits bei der Border Town Jazz Band.

Die Stationen vor seiner Solokarriere waren u. a.: The Mustangs, City Preachers, Motherhood, Klaus Doldingers Passport, Emergency (alle als Schlagzeuger).

Nach vielen mehr oder minder erfolgreichen Versuchen, sich als Berufsschlagzeuger durchzuschlagen, vertauschte er dann den Schlagzeughocker mit dem Mikrofon und schaffte 1973 mit seinem eigenen Album „Alles klar auf der Andrea Doria“ den Durchbruch als erfolgreicher Vertreter der deutschsprachigen Rock­musik.

 

the story behind… – Andrea Doria

 

Udo Lindenberg und seine Kumpels hatten also damals im Onkel Pö Freude an der stilistischen Vielfalt. Er sagt: „Wir haben einfach rumexperimentiert und mal geguckt, wenn nicht nur jede Clique für sich selbst spielt, sondern sich auch für andere öffnet, was da an wunderbaren neuen Sachen entsteht.“

Genau so ist dann auch Udo Lindenbergs Klassiker Andrea Doria entstanden – mit seinem Dixieland-Sound basierend auf einem Rockschlagzeug. Der Künstler erinnert sich: „Ich hab einfach diese Crazy-Szene in diesem wunderbaren Laden beschrieben. Das war ein geiles Ding. Und dann haben wir mit ein paar Doppel-Körnern im Kopf das Ding gesungen. Ich wusste gar nicht genau, ob man das mit meiner Stimme aus dem Gulli überhaupt anbieten kann! Aber das war ja gerade der Trick! Ich habe ja nichts gelernt und es trotzdem gemacht! So erfuhren sie: Auf diese Weise läuft es genau richtig!

Mit Andrea Doria lieferte Udo Lindenberg 1973 nicht nur einen seiner wichtigsten Songs ab – es war der Urknall für deutschsprachigen Rock. Hatte Udo damit gerechnet, was er mit Andrea Doria damals in Gang setzen würde?

„Ich hab mir gedacht zu der Zeit, einer wird’s bringen, aber ich wusste nicht wer. Einer wird’s bringen mit deutschen Texten, gut crazy ja, aber auch ein wenig schlau, dass man singt über das, was das Leben so im Angebot hat, was du mitbekommst, dass du reflektierst, sowohl den ganzen Scheiß, als auch den wunderbaren Wahnsinn: Liebe, Drogen, Trallalla und alles was es gibt. Da habe ich gedacht, einer wird’s bringen, einer wird der ganz große Star, doch ich hatte noch keine Ahnung, dass ich derjenige sein würde. Okay, insgeheim habe ich es natürlich gehofft und begünstigt!“

Andrea Doria ist ein Klassiker von dem es inzwischen einige Coverversion und Neuinterpretationen gibt, zum Beispiel eine überaus gelungene des 1996 verstorbenen Rio Reiser.

Welche ist Udos persönlicher Favorit? „Genau, die find‘ ich wirklich ganz toll von Rio, den ich ja sonst auch sehr geschätzt habe. Wir waren ganz gute Kumpels und ich hab ja auch Lieder von ihm gesungen, tolle Dinger. Er war einer der ganz Großen. Ich fand’s sehr geil, wie er den Song Andrea Doria gebracht hat. Ja, ich höre Rios Fassung ab und zu immer noch ganz gerne.“

Auf Udo Lindenbergs 2003er CD Panikpräsident gibt es auch Andrea Doria in neuem Sound. Wie ist die Idee dazu entstanden?

„Ich find das Panikorchester ist ‘ne absolute Weltmeisterband und da es ja darum ging, die Band zum 30-Jährigen zu ehren und die Band zu feiern, haben wir uns gedacht, komm, diese Platte wird jetzt von der Band richtig eingespielt. Das heißt, wir machen so WG-mäßig! Sechs, sieben Wochen lang hingen wir in der Nähe von Hamburg, in so einem Rock’n’Roll-Hotel und ‘nem Studio, zusammen. Und ich finde, es ist wirklich ein Meisterwerk geworden!“

Bei Onkel Pö spielt ’ne Rentner-Band seit zwanzig Jahren Dixieland
’n Groupie haben die auch, die heißt Rosa oder so und die tanzt auf‘m Tisch Go Go Go Girl
und dann Paula aus St. Pauli, die sich immer auszieht, und Lola hat Geburtstag
und man trinkt darauf, dass sie wirklich mal so alt wird wie sie jetzt schon aussieht
und überhaupt ist heute wieder alles klar auf der Andrea Doria.

Den vollständigen Songtext zu diesem und zu allen weiteren Songs gibt es im Buch.

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